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Elektronische Patientenakte (ePA): Technische Herausforderungen und Sicherheitsbedenken

Die elektronische Patientenakte (ePA) wird als ein Fortschritt im deutschen Gesundheitswesen beworben. Ziel ist es, die Speicherung und den Austausch medizinischer Daten zu digitalisieren und effizienter zu gestalten. Doch gerade bei einem solch sensiblen Thema wie Gesundheitsdaten sind technische Sicherheitsaspekte von zentraler Bedeutung. Hier werfen wir einen kritischen Blick auf die ePA und die damit verbundenen Herausforderungen.

Sicherheitsrisiken: Ein Einfallstor für Hacker?

epaDie ePA hat das Potenzial, die Gesundheitsdaten aller Versicherten in Deutschland zentral zu speichern und zugänglich zu machen. Diese Zentralisierung birgt jedoch enorme Sicherheitsrisiken. Laut dem Chaos Computer Club (CCC) gibt es eklatante Schwachstellen in der technischen Umsetzung, die Angriffsflächen für Hacker bieten könnten. Eine zentrale Datenbank mit sensiblen Informationen wird zwangsläufig zum Ziel von Cyberkriminellen, wie die jüngste Berichterstattung im Spiegel verdeutlicht:

  • Unzureichende Verschlüsselung: Schwächen in der Datenverschlüsselung können dazu führen, dass unbefugte Personen sensible Informationen einsehen oder manipulieren.
  • Probleme mit der Authentifizierung: Trotz der Einführung von Sicherheitsmechanismen wie Zwei-Faktor-Authentifizierung gibt es Hinweise darauf, dass diese nicht durchgängig robust implementiert sind.
  • Mögliche Backdoors: Einige Experten befürchten, dass unzureichend gesicherte Systeme bewusst oder unbewusst Hintertüren für Angriffe offenlassen könnten.

Komplexität der technischen Infrastruktur

Die Einführung der ePA erfordert eine komplexe technische Infrastruktur, die über verschiedene Ebenen hinweg funktioniert:

  1. Zugriffssysteme in Praxen und Krankenhäusern: Medizinische Einrichtungen müssen ihre bestehende IT-Infrastruktur an die Anforderungen der ePA anpassen. Das führt nicht nur zu hohen Kosten, sondern kann auch die Komplexität und damit das Fehlerpotenzial erhöhen.
  2. Datenübertragungsprotokolle: Eine sichere Übertragung von Daten zwischen Ärzten, Patienten und Krankenkassen erfordert hochmoderne Standards, die regelmäßig aktualisiert werden müssen, um auf neue Bedrohungen zu reagieren.
  3. Zertifizierungsprobleme: Die sichere Nutzung der ePA hängt auch von der ordnungsgemäßen Zertifizierung der eingesetzten Systeme ab. Verzögerungen oder Ungenauigkeiten bei dieser Zertifizierung könnten zu Sicherheitslücken führen.

Datenhoheit und Zugriffskontrolle

Ein zentraler Kritikpunkt der ePA ist die unzureichende Kontrolle über Zugriffsrechte. Obwohl Versicherte theoretisch festlegen können, wer ihre Daten einsehen darf, stellt sich die praktische Umsetzung oft als schwierig dar. Fehler bei der Rechtevergabe könnten dazu führen, dass unbefugte Personen Zugriff auf sensible Gesundheitsdaten erhalten.

Ein weiteres Problem sind potenzielle Interessenskonflikte: Versicherungen oder Arbeitgeber könnten Druck ausüben, um Zugriff auf bestimmte Informationen zu erhalten – ein Szenario, das erhebliche datenschutzrechtliche Implikationen hat.

Sind Hackerangriffe tatsächlich "technisch unmöglich"?

Eine häufig geäußerte Behauptung ist, dass die technischen Sicherheitsmaßnahmen der ePA so ausgefeilt seien, dass Hackerangriffe "praktisch unmöglich" wären (Ärzteblatt). Doch diese Aussage wird von IT-Experten kritisch hinterfragt. Selbst die besten Sicherheitsmaßnahmen können keine absolute Sicherheit garantieren, insbesondere wenn menschliches Versagen oder organisatorische Schwächen ins Spiel kommen.

Der CCC argumentiert, dass selbst vermeintlich sichere Systeme durch gezielte Angriffe kompromittiert werden können. Beispiele aus anderen Bereichen der IT, wie der Finanzindustrie oder Cloud-Diensten, zeigen, dass selbst hochsichere Systeme nicht vor Datenlecks gefeit sind.

Fazit: Vorsicht bei der Einführung der ePA

Die elektronische Patientenakte bietet zweifellos Chancen, die Effizienz und Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Doch die technischen Herausforderungen und Sicherheitsrisiken dürfen nicht ignoriert werden. Sensible Gesundheitsdaten erfordern höchste Sicherheitsstandards – Standards, die in der aktuellen Umsetzung der ePA nach Meinung vieler Experten noch nicht erreicht sind.

Empfehlung

  • Eine unabhängige Sicherheitsüberprüfung der gesamten Infrastruktur sollte verpflichtend sein, bevor die ePA flächendeckend eingeführt wird.
  • Die Kontrolle über die Datenhoheit der Patienten muss klarer definiert und technisch besser umgesetzt werden.
  • Dezentrale Lösungen könnten als sicherere Alternative in Betracht gezogen werden, um das Risiko zentraler Datenlecks zu minimieren.

Die Sicherheit der Gesundheitsdaten sollte nicht zugunsten einer schnellen Digitalisierung geopfert werden. Stattdessen sollten langfristige und nachhaltige Lösungen im Fokus stehen, die den Schutz der Patienteninformationen gewährleisten.

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